Lebensbereiche der Stauden und Gehölze, ein Hilfsmittel zum erfolgreichen stressfreien ansiedeln der Pflanzen im Garten

Lebensbereiche von Pflanzen- Lebensbereiche der Stauden

Wenn Sie sich mit Stauden oder generell mit Pflanzen beschäftigen, oder sogar regelmäßig meine Artikel verfolgen, dann springt ihnen sicherlich oft der Begriff „Lebensbereiche“ auf.

In diesem Monat möchte ich ihn selbst zugreifen und in Ruhe einmal erläutern. Schon in den frühesten Gartenkulturen vor 8000 Jahren wurde die Erfahrung gemacht, dass einige Pflanzen an bestimmten Standorten besser wachsen als an anderen Standorten.  Bei genauerer Betrachtung wurden dabei verschiedene Ursachen festgestellt. Zum einen war es der Boden und damit verbunden die entsprechenden Inhaltsstoffe der Bodenart. Also ist es ein trockener Boden, ein saurer oder alkalischer Boden wie ist die Nähstoffversorgung allgemein… Aber ein viel wichtiger Anteil war der reine Standortfaktor, verbunden mit wie viel Sonne, Wärme, Wind und Luftfeuchtigkeit der Standort bot.  Deshalb wurde Jahrhunderte lang der Rat gegeben den natürlichen Standort der Pflanze im Hinblick auf diese Standortfaktoren nach zu bilden.

Erst als man vor ca. 100 Jahren damit begann, systematisch zu untersuchen an welchen Standorten Pflanzen gut wuchsen stellte man fest, das es Pflanzen gibt die ein sehr weites Spektrum an Standortfaktoren abdecken konnten, als auch solch die nur unter ganz engen einheitlichen Faktoren wuchsen. Diese Erkenntnis gilt nicht nur für Stauden, sondern auch für alle anderen Pflanzen.

Durch die Arbeiten von Hanson und Stahl, Karl Förster und später dann auch Prof. Sieber, die Pflanzen an verschiedensten Orten aufpflanzten und bewerteten, wurden sogenannte Sichtungsergebnisse veröffentlicht. Es handelt sich dabei um Bewertungskriterien der jeweiligen Standorte, wo die Pflanzen unter welchen Bedingungen wuchsen. Und so konnten erstmals verlässliche Ergebnisse zusammengetragen werden. Zum einen wurde dabei die Pflanze an sich bewertet: ihre Größe, Blüte, Gartenwert. Zum anderen konnte durch die verschiedenen Sichtungsgärten, die überall verstreut sind, auch Aussagen gemacht werden unter welchen Lebensbedingungen diese am besten wuchsen. Auch hier wurde festgestellt das etliche Pflanzen nur an den Standorten, die mit den Standortfaktoren ihres natürlichen Verbreitungsgebiets fast identisch sind leben konnten. Aber es zeigte sich auch, dass es Allrounder gab. Also Pflanzen, die auch noch andere natürliche Standorte besiedeln konnten. Und erstaunlicherweise gab es sogar einige wenige, welche es fast an allen Standorten schafften und sehr gut entwickelt waren.

Lebensbereich Gehölz links

Ein Beispiel für eine Staude, welche nur an ihrem angestammten Standort gut wächst ist das Leberblümchen. Es ist eine anemonenähnliche kleine Staude, die auf Kalkböden in Laubmischwäldern wächst. Sie benötigt genau diese Bedingungen und akzeptiert dort auch die Trockenheit unter den Bäumen. Es blüht früh vor dem Laub der Bäume und ist durch das Blatt- und Astdach der Bäume und Sträucher auch im Winter (vor starken Temperatur Ausschlägen) geschützt. Somit wächst es an diesem Standort sogar wintergrün ist und kann sehr alt werden.

Wird es im eigenen Garten an so einem Standort gepflanzt, also möglichst unter Bäumen, so entwickelt es sich sehr gut. Vielfach wird es aber zu sonnig gesetzt. Dadurch verliert es bereits im Juli die Blätter und zieht ein. Über drei bis vier Jahre, wenn sich am Standort nichts verändert verschwindet es wieder.

Ein anderes Beispiel ist das echte Alpenveilchen (Cyclamum coum, frühjahrsblühend oder C. herderifolium, herbstblühend). Diese wachsen in trocken Laubmischwäldern. In der Toskana, am Montecatini Alto, besiedelt es den Berg mit den trockensten Akazienwäldern. Im Sommer sind keine Pflanzen zu finden, ja man meint sogar sie wären alle vertrocknet. Im Herbst, sobald der erste Regen einsetzt und durch den frühen Blattfall die Wälder licht werden, treiben aus den im Boden befindlichen Knollen die ersten Blätter aus. Je nach Art erscheinen dann im Herbst bzw im Januar die Blüten. Ab ca. Ende Mai ziehen diese Pflanzen wegen der Trockenheit bereits wieder ein. Schafft man solche Lebensbereiche, wachsen Sie optimal. In meinem Betrieb stehen diese unter laubabwerfenden Sträuchern wie Cornus, Cotinus und Cydonia, unter denen es auch im Sommer sehr trocken wird. Bei Dadurch entwickeln sich die Pflanzen sehr gut und werden alt. An feuchteren Standorten entsteht schnell Fäulnis und die Pflanzen verschwinden nach nur 1 bis 2 Jahren.

Lebensbereich Gehölzrand rechts

Im Gegensatz dazu ein Allrounder. Die fette Henne, Sedum Weihenstephaner Gold, wächst als sukkulente Pflanze auf trockensten, steinigen Böden, ja sogar auf Trockenmauern. Aber es wird auch an extrem Standorten wie Dachgärten, mit nur wenigen Zentimetern Substratauflage verwendet.

Allerdings schafft es die Pflanze auch sehr leicht gute Böden zu besiedeln und ist dort ein pflegeleichter, guter, immergrüner Bodendecker. Und um das Maß voll zu machen wollte Herr Prof Sieber dieser Staude sogar noch einen dritten Standort zuordnen, nämlich W1, also Standort Wasser. Grund hierfür ist seine Beobachtung, das wenn dieses Sedum an den Teichrand gepflanzt wird, wachsen dessen Ausläufer ohne Probleme bis in das stehende Teichwasser hinein. Teilweise schwimmen Sie sogar an der Oberfläche. Diese Allrounder sind selten, zeigen aber dass man viele Pflanzen ohne weiteres auch an anderen Standortbedingungen ohne Qualitätsverlust pflanzen kann. Es ist nur wichtig die verschiedenen akzeptierten Lebensbedingungen von Pflanzen zu wissen um ihre Verwendung im Garten zu steigern. Hansen hat in seinen Büchern dafür sehr lange Listen erstellt

 

Gerade der Verband der deutschen Staudengärtner (BDS) hat auf diesem Wissen sehr viel Wert gelegt und auf die Arbeiten zur ihrer Erkenntnis viel Augenmerk und Unterstützung gelegt. Prof. Sieber der für den BDS den Arbeitskreis Staudensichtung geleitet hat und dabei neben der reinen Sichtungsarbeit auch die Informationen über die Standortbedingungen, Haupt- und Nebenstandort eingearbeitet hat. Hat die von Hansen Stahl erstellten und definierten Lebensbereiche dann mit einem Bildsymbol versehen und so für den Laien verständlicher dargestellt.

Bereits von Hansen wurden insgesamt 14 Lebensbereiche definiert und durch einen Kurzbuchstaben dargestellt

Lebensbereich Freifläche

 

G = Gehölz

GR = Gehölzrand

Fr = Freifläche

B = Beet

SH = Freifläche mit Steppenheidecharakter

H = Freifläche mit Heidecharakter

St = Steinanlage

FS = Fels-Steppe

M = Matten

SF = Stein-Fugen

MK = Mauer-Kronen

A = Alpinum

WR = Wasser-Rand

W = Wasserpflanzen

KÜBEL = nicht winterharte Stauden

 

Da innerhalb der Lebensbereiche starke Schwankungen vorhanden sind wurden diese für die

Lichtverhältnisse mit Kleinbuchstaben charakterisiert so bedeuten die Kürzel

so = sonnig

abs = abssonnig

hs = halbschattig

sch = schattig

 

und zur weiteren Charakterisierung wurde die vorhandene Bodenfeuchtigkeit mit Zahlen angegeben

1 = trockener Boden

2 = frischer Boden

3 = feuchter Boden

4 = nasser Boden (Sumpf)

5 = flaches Wasser

6 = Schwimmblattpflanzen

7 = untergetauchte Pflanzen

8 = Schwimmpflanzen

 

So bedeute z,b. GR. hs 2  = Gehölzrand halbschattig   frischer Boden

In der Praxis bedeutet dies, dass man sich Gedanken über den vorhandenen Flächenstandorten macht. Findet man also einen Standort der dem Gehölzrand ähnelt Also z.b. Leicht Beschattet Standorte bei der auch einmal kurzzeitig die Sonne darauf fallen kann und ist der Boden frisch, das heißt er trocknet nie ganz aus, sondern hat immer noch eine Restfeuchte kann ich mich auf die Suche nach Stauden begeben die in ihren Sichtungsergebnissen diese Standorte angeben haben und sie hier verwenden. Dabei muss es nicht genau Gehölzrand sein Auch ein durch ein Haus beschattete Fläche kann diese Eigenschaften aufweisen. Finde ich hier Stauden bzw. Pflanzen den auch für Bäume Sträucher gilt das System ist aber nicht so intensive ausgearbeitet. Kann ich davon ausgehen das die Pflanze hier gut wächst.

Ein weiteres Beispiel sind Pflanzen für Mauerkronen. Die Pflanzen die hier verwendet werden also Sonneneinstrahlung mageres Substrat, extreme Temperaturunterschiede durch Aufwärmung der Steine und erkalten kann ich wahrscheinlich auch sehr gut auf anderen mit ähnlichen Verhältnissen verwenden zum Beispiel auf extensiv Flächen wie bei der Dachbegrünung.

Wichtig ist allerdings zu bedenken das in unseren Gärten durch die kleinräumigen Strukturen sich innerhalb weniger Meter schlagartig ändern können. Kommen wir zurück auf unserem Beispiel des Leberblümchens. Diese kleine aber feine Staude fühlt sich wirklich nur im tiefsten Kronenbereich von Laubgehölze wohl wo sie nach der Blüte von dem sich bildenden Laub beschattet wird und wo im Winter die Äste und das Gehölz extreme Temperaturunterschiede ausgleichen (Sehen sie sich einmal an wie viel länger es dauert bis der Boden unter Gehölzen gefroren ist.

Gleich daneben immer noch im Lebensbereich Gehölz und dann weiter in den Gehölzrand mit seinen wechselten Verhältnissen vor allem beim Licht wären z.b. Funkien (Hosta)mit seinen vielen unterschiedlichen Sorten oder Heuchera wo wir gerade eine Schwemme mit neuen Sorten erleben besser geeignet. Bei der Pflanzengattung Hosta haben wir noch Sorten wie z.b. die gelblaubigen die bei zu viele Sonne mit Blattverbrennungen auffallen und damit in den Bereich Gehölz besser angesiedelt sind.  Im Übergang zum Gehölz Rand wo auch kurzzeitig Sonne auftreten kann ja bis sogar an den Rand dieses Lebensbereichs wo Sonne öfter einmal hineinscheint sind dann graulaubige Sorten wie Hosta sieboldiana Elegans und in den besonnten Flächen Sorten wie Hosta Royal Standart besser geeignet.

Unter der Beachtung der Lebensbereiche wie man an diesen Beispielen sieht ist es möglich durch Beurteilung der Flächen und Wahl der dafür geeigneten Stauden gesunde und langjährig attraktive Stauden zu finden und zu kultivieren und die Pflegintensivität zu minimieren.

Hierzu müssen aber die gewonnenen Daten ausgewertet und angewendet werden (siehe www.staudensichtung .de) was für den Laien oft schwer und sehr mühsam ist.

Deshalb ging dieser sehr aktive Verband weiter und entwickelt aus diesen Daten fertige Konzepte siehe auch „Staudenmischungen „. Hier sind fertige Mischungen von Stauden unter der Beachtung der Lebensbereiche und gegenseitiger Beeinflussung als fertiges schönes Konzept zusammengefasst und getestet worden.

Auch bei der Verwendung von Bäumen und Sträuchern sollten solche Informationen besser beachtet werden. In unseren Beratungen gehen wir auch darauf ein müssen aber vielfach erleben das unsere Ratschläge in den Wind geschrieben werden da von anderen Anbietern gerne andere Informationen zwecks besseren Verkaufs herausgegeben werden. Da sind wir wieder einmal da das es heißt wir wären schlechte Verkäufer. Das kann ja sein, wenn es nur noch gilt die Pflanze verkauft zu haben. Ob die dann nur 3-5 Jahre am Standort gesund hält oder 30- 100 Jahre ist scheinbar für die meisten egal.

Was ich damit meine hierzu einige wenige Beispiele. Als Ausgleichpflanzung für ein gebautes Haus wird vielfach eine Eberesche von den Baubehörden vorgeschlagen. Aus zwei Gründen erstens gibt es für viele heimischen Bäume ein Punktsystem mit dem der schädliche Eingriff ausgeglichen werden soll. Eberesche hat hier mit der höchsten Punktzahl und wie mir einige aus den Umweltsparten sagten ist die doch in Hessen heimisch. Ja aber Hessen hat viele unterschiedliche Standorte und Lebensbereiche. Die Eberesche ist ein Auenwaldbaum der frische bis feuchte Böden liebt und auch eine erhöhte Luftfeuchtigkeit braucht. Nehmen wir die Stadt Wiesbaden die an einem Ausläufer des Taunusgebirges klebt und zwar in seiner Ausdehnung vom Rhein unten bis in ihre Tallagen und dann hinauf bis in die Taunushöhen. Das sind verschieden Klimabereiche mit den unterschiedlichsten Lebensbereichen. So haben wir am Rhein ehemals Lebensbereich Auenwald (Eschen- Ulmen fagaetum) eine zusagende Stelle wo die Eberesche relativ gut wächst da durch den nahen Rhein sowohl das Grundwasser da ist, als auch eine erhöhte Luftfeuchtigkeit. Im Anschluss folgt die Tallage Wiesbadens(Kessellage) mit stark erhöhten Temperaturen, Behinderten Luftaustausch   geringer Luftfeuchtigkeit verstärkt durch die Wohnbebauung die sich im Sommer stark aufheizt. Hier versagt die Eberesche fast überall schon nach ca. 3 – 5 Jahren zeigt sie Alterserscheinungen und Krankheiten älter als zehn Jahre wird sie hier nicht.

Ab Wi- Klarenthal mit Beginn der Höhenzüge haben wir dann wieder Verhältnisse die der Eberesche mehr zusagen Ab der Platte oder Hohen Wurzeln ist sie dann wieder als heimische Art anzusehen wird alt und bleibt gesund da hier sowohl die Bodenfeuchte erträglich vorhanden ist und die Luftfeuchte zusagend.

Wir haben mehrmals erlebt das gerad in der Mittellagen Wiesbadens dazu gehören auch die östlichen Vororte viele Ebereschen gepflanzt wurden zum Teil gegen unseren Rat und diese mittlerweile nach nur wenigen Jahre nicht mehr existieren.

Ähnlich sieht es mittlerweile mit Fichten und weichnadeligen Kiefern aus. Diese wurden zwar nicht aus Umweltgründen gepflanzt, sondern weil sie mehr dem damaligen Zeitgeist und Schönheitsideal entsprachen aber auch hier haben wir das Phänomen das diese Pflanzen und der den weiter ansteigenden Temperaturen und fehlender Luftfeuchte mit Krankheits- und Stress Symptomen reagieren und nach und nach verschwinden.

Ein letztes aber charakteristisches Beispiel für die Nichtbeachtung der Lebensbereiche bei Bäumen möchte ich nennen. Die so beliebte Kugelakazie. Sie ist eine Veredlung und wird durch zwei pflanzen gebildet. Einmal eine schwachwachsende Art die die Kugel bildet und der Urform Robinia pseudoacacia die den Stamm und die Wurzel bildet. Dies Urform ist ein Bewohner ärmster magerer Böden. Um überhaupt auf diesen Böden existieren zu können hat sie sich in ihrer Entwicklung in eine Symbiose mit einem Bakterium begeben. Diese Pflanze gehört zur Gattung der Schmetterlingsblütler also einer Pflanzenart die in Symbiose mit dem Bakterium lebt in mit Nähstoffen versorgt und im Gegenzug von ihm mit Stickstoff versorgt wird der von diesem Bakterium aus dem Luftstickstoff ausgeschieden wird. (dazu gehören z,,b auch Lupinen die deshalb gerne als Gründüngung verwendet werden)

Pflanzt man diese Kugelakazie auf fette nährstoffreiche Böden wie sie in Wiesbaden vielfach verbreitet sind.  Bildet das Bakterium ständig Stickstoff der weder von den Akazien gebraucht wird und auch aufgrund der fetten Böden nicht durch den Regen ausgewaschen wird. Es kommt zu Anreicherung bis über das für die Pflanze erträgliche Maß hinaus. Sie wird Anfällig und bekommt nach ca., 10 Jahren die Krankheit eschenbaumschwamm. Das fängt an damit, dass sie äußerlich immer kleine Blätter bildet. Nach und nach werden die Wurzeln geschädigt im Endstadium kann man den Baum mit Leichtigkeit am Stamm schütteln im schlimmsten fall fällt er um und muss gerodet werden.

Dieses Phänomen beobachten wir schon seit ca. 20 Jahren. An Hinweisen für unsere Kunden fehlt es durch uns nicht. In aller Regel werden diese Bäume auf diesen Böden nach ca. 10 Jahren gerodet. Wem das gefällt mag es weiterhin tun.

Die Stadt Wiesbaden (Grünflächenamt9 verzichtet schon seit Jahren auf die Ansiedlung von Akazien(Robinie), da wo sie noch stehen werden sie nach und nach ausgetauscht. Auch hier macht sich mittlerweile die Erkenntnis breit das auf die Lebensbereiche der Bäume geachtet werden muss. Hierzu laufen im Bundesgebiet mittlerweile auch viel Versuche auch ausgelöst durch die durch die Klimaerwärmung ausgeösten Veränderungen in den Lebensbereichen. Hier werden wir in den Städten in Zukunft andere Bäum sehen wie bisher