Gärtnereien in Deutschland mit unterschiedlichen Bräuchen
Die Verteilung der Gärtnereien hatte in Deutschland schon immer ein Nord- Süd- Gefälle. Besonders bei den Baumschulen und Staudengärtnereien lagen nicht nur die meisten Betriebe, sondern vor allem die flächenmäßig größten und umsatzstärksten Betriebe in Norddeutschland.
Diese Faktoren hatten sich auch in den Verbänden der Gartenbaubranche niedergeschlagen. In diesen dominierten vor allem die Norddeutschenbetriebe. Ganz besonders die Baumschulen wurden in den Verbänden vor allem durch ihre Norddeutschen Kollegen vertreten. Die Süddeutschen fühlten sich deshalb immer übergangen und mißverstanden, ja sogar unterdrückt.
Da gleichzeitig auch in den Ansichten und Denken und vor allem den Bräuchen zwischen Nord und Süd große Unterschiede herrschten kam es zwischen diesen Gartenbauregionen immer wieder zu kulturellen Missverständnissen.
Während der Bund deutsche Staudengärtner sich schon früh den Unterschieden annahm und sich auch für seine Süddeutschen Kollegen öffnete und eine Ausgleich anstrebten waren es vor allem die Baumschulen, die die Unterschiede lange Jahre gewähren ließen.
Hier mal ein bekanntes Beispiel das Herr Behrens Senior uns zur Erheiterung erzählte
Ende der 1950er Anfang der 1960er Jahre schon wurde Herr Behrens, der einen bekannten Staudenbetrieb in Aachen führte, auserkoren in den Vorstand des Bundes deutscher Staudengärtner aufzurücken. Für uns Süddeutsche lag Aachen relativ nördlich, allerdings mussten die Norddeutschen schon tief in den Atlas nach unten sehen bevor sie Aachen auf der Landkarte im Süden fanden.
Nur zu erwähnen, gerade erst hatte das Medium Fernsehen begonnen und so Sendungen über Fastnacht in den südlichen deutschen Ländern waren noch nicht so bekannt bzw nicht in der breiten öffentlichkeit Norddeutschlands angekommen
Für Herrn Behrens war es eine Ehre und Ehrenaufgabe in diesem wichtigen und höchsten Gremium der gärtnerischen Selbstverwaltung mitzuarbeiten und unterließ auch keine Anstrengung um hier seine Aufgabe zu erfüllen.
Sehr wundern musste er sich aber als er von seinem Norddeutschen Kollegen und ersten Vorsitzenden aufgefordert wurde an einem bestimmten Montag zur Vorstandssitzung in der Bildungsstätte des deutschen Gartenbaues in Grünberg zu erscheinen.
Das wurmte doch einen Aachener, das man ausgerechnet am Rosenmontag , dem wichtigsten und heiligsten Montag des ganzen Jahres nach Grünberg reisen musste und dann mit ernstbeseelter Mine die wichtigen Diskussionen im Kreise der Vorstandmitglieder verfolgen sollte und das auch noch mit Ernst und ohne Gefühle.
Nur mit Wiederwillen und nach mehreren inneren Aufwallungen die er niedergekämpft hatte macht er sich auf die Reise. Um allen Eventualitäten gewappnet zu sein steckte er sich in seine Tasche seine Aachner Fastnachtskäppie und in die Hosentaschen Kamelle ( Bonbons). Nur so gerüstet mit inneren Groll konnte er die Reise antreten.
Die Bildungsstätte des Deutschen Gartenbaues in Grünberg wurde von der Vereinigung der gesamten Gartenbauverbände gegründet und durch Beiträge bezahlt. Damals noch recht klein und mit nur wenigen Räumen ausgestattet, hatte man den Sitz auch auf Rücksicht der südlicheren Betriebe in die Mitte der damaligen BRD gelegt.
Als Begründung ,jeder hätte nur die Hälfte der Anreisestrecke, war dies schon ein Stück auf dem Weg der gleichen Bewertung der Mitglieder.
Wie gesagt am Rosenmontag morgens kam Herr Behrens an. An diesem Tag tagten gleichzeitig zwei Verbände. Die Staudengärtner, als kleinstes Verbandsmitglied ,und der Bund deutscher Baumschulen der einer der größten und finanzstärksten Verbandsteile darstellt. Hier allerdings waren 95 % der Vorstandsmitglieder aus dem Norden und die hatten überhaupt kein Problem an diesem Montag zu tagen, da ihnen als Protestanten Fastnacht unbekannt war.
Da Grünberg damals noch recht klein war tagte der BDB im vorderen großen Saal und die Staudengärtner im dahinterliegenden kleinen Saal. Die Mitglieder der Staudengärtner mussten bei ihrer Anreise also durch den großen Saal hindurch um in den kleinen Saal anzukommen.
Zu so einer Vorstandssitzung, egal welcher Verband tagte, ging man nicht in Straßenkleidung hin, sondern zog gute Sachen an, beim BDB war da der Anzug Standard.
Vor der Tür des großen Saales ,den Herr Behrens queren musste, zog er sich deshalb um, zog seine gute Sachen an .
Am Rosenmontag allerdings gehörte für einen Aachner auch das Fastnachtskäppie dazu. So ausgerüstet öffnete er die Tür und trat ein und sah seine norddeutsche Kollegen im Anzug im Saal sitzen frontal zu ihm hin blickend
Sofort merkte er das es nach seinem Eintritt plötzlich ganz leise wurde und die Vorstandmitglieder des BDBs in ihren feinen Anzügen ihn ansahen wie einen Außerirdischen.
So etwas hatte sie noch nicht gesehen. Das war unerhört , das man sich so etwas überhaupt wagt in diesem Aufzug in eine Vorstandssitzung zu gehen.
Kurz blickte Herr Behrens in die Runde und im wurde klar das er das nicht so stehen lassen konnte.
Also tat er was jeder Fastnachter am Rosenmontag tut, griff in seine Hosentausche und warf Kamelle in die Runde mit lauten Ausruf Alaaf.
So wurde noch bevor das Fernsehen Fastnacht in ganz Deutschland bekannt machte den Norddeutschen bewusst das es Fastnacht gab und das es eine toternste Sache war